Vom animierenden Unterhaltungsprogramm zur fachlich fundierten Zusammenarbeit
Tsjakka!!! – die Augen der Seminarteilnehmer zeigen für einen Moment Ratlosigkeit, bevor sich einige Lippenpaare wie von selbst zu bewegen beginnen und versuchen die kultgewordene Wortkreation des niederländischen Motivationskünstlers Emile Ratelband zu imitieren – Tschakkaaa, Djagga, Jagger…?!? Mehr vom Sitznachbarn gepackt, als von der Sache an sich überzeugt, stimmt Reihe um Reihe in den Rhythmus ein und was eben noch eine aufgeschlossene Zuhörerschaft war, lässt schon im nächsten Moment die Szene ohne Vorbehalte beben. Beginnt sich der Rausch emotionaler Ansteckung mit dem Moment zu verlieren, in dem sich die Gruppe der Teilnehmer zum Ende der Veranstaltung hin auflöst, bleibt davon am Ende nichts als eine üppig klingende Floskel ohne weiteren Sinn und Wert für die eigene Entwicklung.
Drängt ein körperlich getrimmter Berater zum beherzten Sprung über einen Gebirgsbach oder gibt ein selbsternannter Guru kryptische Modewörter für die fixe Lösung existenzieller Probleme aus, darf man nachfragen: Über welche Grund- und Zusatzqualifikationen verfügt der Anbieter? Ist es ein Angebot für Einzelpersonen oder Gruppen? Welche Fundierung hat das Vorgehen? Kommen professionelle Hilfsmittel dabei zum Einsatz? Nüchterne Fragen helfen dabei, die Qualität eines interpersonellen Angebotes abzuschätzen. Einen eindeutigen Mangel an dieser Form der Dienstleistung festzustellen, ist dagegen schwierig. Und wo kein Kläger auftritt, da ist auch kein Richter zu finden. Es ist eine freie Entscheidung, wem man Persönliches anvertraut!
Der Einsatz psychologischer Messinstrumente und inhaltliche Bezüge zu wissenschaftlichen Quellen gelten als Hinweise auf fachliche Fundierung und sichern der Zusammenarbeit ein Grundmaß an Qualität. Nicht ohne Grund beginnt ein Psychologiestudium mit der menschlichen Wahrnehmung und der Schwäche des Menschen, sie in ihrer Verlässlichkeit maßlos zu überschätzen. Das Erspüren der Klienten mittels blanker Menschenkenntnis und deren Anleitung mit religiös anmutender Selbstüberzeugung – trotz fehlender Expertise – kann man mit Bestimmtheit als übermütigen Humbug zurückweisen. Unreflektiertes Vorgehen reduziert das Gegenüber auf die Beschränktheit einer subjektiven Perspektive, verursacht auf manipulativem Weg mitunter langfristige Probleme bei psychischen Entwicklungen und schädigt das Vertrauen der Klienten in professionelle Formen von Coaching, Beratung und Therapie bzw. trägt zur Diskreditierung zwischenmenschlicher Arbeit im Allgemeinen bei. Natürlich geht es um das Persönliche, nur eben nicht in erster Linie um das von naiven Seelsorgern oder esoterischen Trainern!
Kommen interpersonelle Angebote als bekömmliches Häppchen Selbstentfaltung daher oder versprechen wohlige Erfüllung in wenigen Augenblicken, belegt das zunächst nur deren Orientierung an bewährten Strategien des Marketings. Schon ein kurzer Moment rationaler Abwägung kann enorm zur Güte der Entscheidung beitragen: Sind Spaß und Genuss die eigentlichen Motive persönlicher Entwicklung? Kann die Bearbeitung langjähriger Erlebens- und Verhaltensmuster mit einem lauten Ausruf erledigt sein? Sind Angebote dieser Art wie ein Konsumgut zu bewerten oder sollten hier andere Kriterien gelten? Wie würden die Antworten lauten, wenn ein körperliches Problem professioneller Hilfe bedarf?
Diagnostische Beratung und Co-Coaching ergänzen die Angebotslandschaft um wissenschaftliche bzw. tatsächlich psychologische Formen interpersoneller Arbeit. Sie basieren auf abgestimmtem diagnostischen Vorgehen, orientieren sich an gesicherten Quellen und nehmen Bezug auf aktuelle Ergebnisse empirischer Forschung.